Daniel Kahnemann, NOISE und Künstliche Intelligenz: Kann eine Maschine wirklich gerechter entscheiden?
- Basar Seven
- 16. März
- 2 Min. Lesezeit
Hallo zusammen,
ich lese gerade NOISE, das letzte Buch des verstorbenen Psychologen und Nobelpreisträgers Daniel Kahneman. Es ist, wie man es von ihm erwartet, wissenschaftlich fundiert, ein Bestseller – und ziemlich anspruchsvoll. Aber der Kern des Buches ist eigentlich simpel: Es geht um die Verzerrung von Entscheidungen. Also nicht um bewusste Fehler oder Vorurteile (Bias), sondern um zufällige, nicht vorhersehbare Schwankungen in Urteilen – genau das, was Kahneman Noise nennt.
Ein Beispiel aus der Justiz: Derselbe Richter kann für dieselbe Straftat einmal eine Geldstrafe von 100.000 Dollar verhängen und ein anderes Mal eine zwölfjährige Haftstrafe aussprechen.
Derselbe Richter, dieselbe Straftat – aber komplett unterschiedliche Urteile. Das Problem? Diese Urteile folgen keiner klaren, objektiven Logik, sondern werden durch externe Faktoren beeinflusst – ob der Richter vor oder nach dem Mittagessen entscheidet, ob er an dem Tag gestresst ist oder nicht. Klingt absurd, aber wissenschaftliche Studien belegen genau diese Streuung.
Und das betrifft nicht nur die Justiz. Auch in der Medizin kommt es vor, dass zwei Ärzte dieselben Laborwerte unterschiedlich interpretieren und zu völlig anderen Diagnosen kommen. Oder dass Versicherungsmathematiker bei der Risikobewertung desselben Falls zu stark unterschiedlichen Prämienhöhen gelangen.
Die Brücke zur Künstlichen Intelligenz

Stellen wir uns vor, wir wären die Person, die für dieselbe Straftat zwölf Jahre Gefängnis bekommt, während jemand anderes mit einer Geldstrafe davonkommt. Klingt das fair? Würde eine KI in diesem Fall nicht gerechter entscheiden, weil sie sich nur auf Daten, nicht auf Stimmungen oder Tagesformen verlässt?
Natürlich ist das keine einfache Ja-Nein-Frage. Objektivität ist nicht immer das oberste Ziel. Ein System, das nur rein nach Daten urteilt, könnte auch menschliche Nuancen und besondere Umstände übersehen. Aber gerade in Bereichen, in denen Entscheidungsstreuung willkürlich oder wirtschaftlich schädlich ist – wie im Risikomanagement von Unternehmen –, könnte es ein riesiger Fortschritt sein, wenn KI hilft, diese Zufälligkeiten zu reduzieren.
Kahneman argumentiert, dass Noise nicht nur ungerecht ist, sondern auch enorme Kosten verursacht. Unternehmen, die sich von verzerrten Entscheidungen leiten lassen, verlieren Geld – sei es durch schlechte Investitionen, ineffiziente Personalentscheidungen oder fehlerhafte Risikobewertungen.
Wie könnte KI hier helfen?
Eine Möglichkeit wäre, dass Künstliche Intelligenz als eine Art Noise-Filter fungiert. Richter könnten mithilfe von KI-gestützten Analysen trainiert werden, um bewusster mit ihrer Urteilsfindung umzugehen. Unternehmen könnten KI nutzen, um Entscheidungsmuster zu erkennen und Verzerrungen zu minimieren.
Die spannende Frage ist: Wollen wir das? Ist das wünschenswert? Oder brauchen wir sogar ein gewisses Maß an Noise, weil Entscheidungen nicht nur auf Logik, sondern auch auf individuellem Ermessen basieren sollten?
Ich finde das Thema extrem spannend und bin neugierig auf eure Meinungen. Kann KI uns in Zukunft helfen, fairere und sachlichere Entscheidungen zu treffen? Oder droht dabei eine Kälte und Unmenschlichkeit, die wir vielleicht gar nicht wollen?
Lasst es mich wissen – ich bin gespannt auf die Diskussion!
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